Forschung für die Demokratie: Präsentation ausgewählter Projekte

Forschung für die Demokratie: Präsentation ausgewählter Projekte
© advocacy

Ende Oktober diskutierten Forschende mit Akteur:innen aus der Praxis im Rahmen der NFP 77 Dialogveranstaltung über den Wandel demokratischer Prozesse als Folge der digitalen Transformation. Eine Zusammenfassung.

Die digitale Transformation stellt die Demokratie vor neue Herausforderungen: Der Medienwandel hat traditionelle Medienkanäle wie Zeitungen und Fernsehen in den Hintergrund gedrängt, während soziale Medien und Online-Plattformen dominanter wurden. Informationen verbreiten sich nun schneller und oft ungeprüft, was die Verbreitung von Fehlinformationen fördert. Zudem verschiebt sich der politische Diskurs zunehmend in soziale Netzwerke, die weniger reguliert sind als traditionelle Medien und daher weniger Kontrollmechanismen für Qualität und Transparenz bieten.

Diese Entwicklungen erfordern neue Ansätze zur Sicherstellung von Transparenz, Pluralität und Partizipation. Im Rahmen des NFP 77 «Digitale Transformation» werden diese Prozesse in 16 Projekten untersucht.

Um die Resultate einzelner Projekte zu diskutieren, haben das NFP 77 in Zusammenarbeit mit der Bundeskanzlei am 25. Oktober 2024 eine Dialogveranstaltung durchgeführt. In seiner Einführung machte Bundeskanzler Viktor Rossi deutlich, dass «der Staat gefordert ist, Sorge zu tragen zu einer vielfältigen Medienlandschaft, damit die Bürgerinnen und Bürger weiterhin auf vertrauenswürdige Informationsquellen zurückgreifen können.» Er verwies auch auf die Herausforderungen durch die sozialen Medien: «Wir wissen noch nicht genau, wie sie die politische Meinungsbildung bzw. den Informationsstand der Wählerinnen und Wähler im Vorfeld von Wahlen und Abstimmungen konkret beeinflussen und welche demokratieschädigenden aber auch demokratiefördernden Wirkungen sie haben.» Diesen Wissenslücken sind denn auch die präsentierten Forschungsprojekte gewidmet.

Sina Blassnig und ihr Team untersuchten den Einsatz von Nachrichten-Empfehlungssystemen (NRS) in Medien. Dabei werden den Leserinnen und Leser, aufgrund des Leseverhaltens von ihnen und ähnlichen Nutzerinnen und Nutzern, personalisierte Leseempfehlungen gemacht. Ihre Untersuchung zeigt, dass die Leserinnen und Leser solchen Systemen gegenüber grundsätzlich positiv eingestellt sind und dass sie die Bedeutung solcher NRS überschätzen. Derzeit werden Nachrichten-Empfehlungssysteme in der Schweiz noch wenig eingesetzt. Sina Blassnig zieht denn auch den Schluss: «Damit das Medienvertrauen nicht beeinträchtigt wird sind eine Ausrichtung von NRS nach journalistischen Kriterien sowie die transparente Offenlegung der Algorithmen und Nutzerkontrollmöglichkeiten zentral.»

Nathalie Giger und Maxime Walder gingen in ihrem Projekt der Frage nach, ob die digitale Transformation eine Gefahr für die Demokratie sei. Sie analysierten wie sich Schweizer Wählerinnen und Wähler im Vorfeld von Wahlen und Abstimmungen online informieren, also wie sie Medien-Portale, Social Media, Blogs und andere Informationsquellen nutzen. Sie fanden unter anderem, dass die traditionellen Medien für die Meinungsbildung noch immer einen hohen Stellenwert und eine hohes Vertrauen geniessen. Gleichzeitig bietet das Internet auch die Möglichkeit, sich breiter zu informieren. Diese Möglichkeit wird rege genutzt. Die Forschenden sehen denn auch in der digitalen Transformation gleichzeitig eine Herausforderung wie auch eine Chance.

Regula Hänggli und ihr Team untersuchten, wie Partizipation mit digitalen Mitteln gelingen kann. Denn eine Beteiligung von verschiedenen Perspektiven kann eine Möglichkeit bieten, gemeinsam zu legitimen und vertrauenswürdigen politischen Entscheidungen zu gelangen. Dafür haben sie konkrete Experimente im Kanton Aargau durchgeführt und konnten wertvoll Hinweise gewinnen, wie digitale Bürgerbeteiligung gelingen kann.

In einem anderen Ansatz hat die Forschungsgruppe um Marc Bühlmann erforscht, wie man die Digitalisierung zur Stärkung der Demokratie nutzen kann. In der Stadt Köniz haben sie dafür die 'Demokratiefabrik' ins Leben gerufen, bei der repräsentativ ausgewählte Personen online verschiedene Anliegen diskutieren konnten. Das Projekt verzeichnete eine hohe Teilnahme und führte dazu, dass die Bürgerinnen und Bürger neue Ideen in den politischen Diskurs einbrachten.

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In der Diskussion wurde deutlich, dass die digitale Transformation sowohl eine grosse Herausforderung darstellt wie auch viele Chancen ermöglicht. Sie ist damit weder eine Gefahr für die Demokratie noch die Lösung aller Probleme. Tatsächlich sind die demokratischen Institutionen bereits im Wandel. E-Collecting, die elektronische Identität und das eVoting, werden unsere Art, wie wir Demokratie in der Schweiz gestalten und leben, nachhaltig verändern. Für Bedenken sorgt aber der Medienwandel: Befürchtet werden vermehrte Fehlinformationen, eine Polarisierung der Gesellschaft und einen starken Einfluss von Algorithmen auf den öffentlichen Diskurs. Dies alles untergräbt das Vertrauen in verlässliche Informationen und schwächt fundierte demokratische Debatten.