«Die Nachfrage nach IKT-Kompetenzen stieg erheblich»
Eine Ingenieurin muss heute andere Qualifikationen mitbringen als noch vor 20 Jahren. Welche, und wie sich weitere Berufsfelder durch die Digitalisierung verändert haben, weiss das Forschungsteam von Marlis Buchmann.
Bis jetzt ist noch wenig bekannt, wie die Digitalisierung die Arbeitsplätze in Bezug auf die Aufgaben und die damit verbundenen Qualifikationen verändert.
Professorin Marlis Buchmann und ihr Team von der Universität Zürich analysierten deutschsprachige Stelleninserate in der Schweiz zwischen 2002 und 2020. Dabei fokussierten sie sich auf den ausgeschriebenen Beruf, die auszuführenden Tätigkeiten, die verlangten Qualifikationen, sowie auf die an den Arbeitsplätzen eingesetzten IT-Tools.
Dies erforderte die Erfassung der in Stellenanzeigen genannten Fähigkeiten (Folie 1 (JPEG)). Buchmanns interdisziplinäres Team aus Naturwissenschaftler:innen und Computerlinguist:innen setzte maschinenlernbasierte Modelle zur Verarbeitung natürlicher Sprache ein und wertete deren Leistung systematisch aus.
Die Forschenden unterteilten die Rohtexte von Stellenanzeigen in verschiedene Inhaltsbereiche (z.B. Unternehmensbeschreibung, Aufgabenbeschreibung, Qualifikationsanforderungen). Erwähnungen von Qualifikationsanforderungen werden in den Bereichen erkannt und auf die Konzepte relevanter internationaler Klassifikationsschemata abgebildet. Die Beispiele in Folie 2 (JPEG) zeigen die erkannten IKT-Erwähnungen (gelb hervorgehoben) in zwei Stellenanzeigentexten.
Die fundierten Auswertungen zeigen, dass sich in den letzten 20 Jahren die Nachfrage nach Qualifikationsprofilen (JPEG) (d. h. die Bündel von Qualifikationen auf Arbeitsebene) innerhalb der Berufe verändert und die Berufsstruktur beeinflusst haben. «Für eine beträchtliche Anzahl von Berufen ist die Nachfrage nach IKT-Kompetenzen (Informations- und Kommunikationstechnologie) erheblich gestiegen», so Marlis Buchmann. «Bei den Fachkräften für Natur- und Ingenieurwissenschaften ist ein deutlicher Anstieg der Nachfrage nach digitalen Fähigkeiten zu verzeichnen, insbesondere in den Bereichen Inhaltssoftware, Datenmanagement/Softwareentwicklung und branchenspezifische Software, zusammen mit einem bemerkenswerten Anstieg der sozialen und kognitiven Fähigkeiten.»
Auch bei den Betreuungs- und Pflegeberufen zeigen sich in den letzten 20 Jahren deutliche Veränderungen: Heute werden deutlich mehr soziale und kognitive Fähigkeiten verlangt und gleichzeitig allgemeine IKT-Fähigkeiten. Gemäss Buchmann verdeutlicht die Datenanalyse die Auswirkungen des digitalen Wandels sowie auf die berufsspezifische Natur der Qualifikationsentwicklung.
Auf Basis der Qualifikationsextraktionen haben Buchmann und ihr Team von der Universität Zürich einen Prototypen eines Qualifikations-Dashboards für den Schweizer Arbeitsmarkt entwickelt, der bei Interesse von Stakeholdern aus dem Arbeitsmarktbereich den jeweiligen individuellen Bedürfnissen angepasst werden kann.
Die Forschungsarbeiten dauern noch bis Ende 2024.