Wie Smart-Home-Health-Technologien im Alter unterstützen können

Digitale Assistenten und andere «Smart Home»-Technologien können Ältere unterstützen, bergen aber auch Gefahren.

Smart-Home-Health-Technologien bietet Chancen, die Pflege älterer Menschen zu verbessern – doch Akzeptanz, ethische Überlegungen und individuelle Bedürfnisse sind für einen erfolgreichen Einsatz entscheidend.

In der Schweiz ist bereits ein Fünftel der Bevölkerung 65 Jahre und älter. Die Alterung der Gesellschaft stellt das Gesundheitssystem vor grosse Herausforderungen. Neue Technologien wie Smart-Home-Lösungen könnten dazu beitragen, älteren Menschen ein längeres, selbstbestimmtes Leben zu Hause zu ermöglichen. Doch wie stehen Betroffene und Pflegefachpersonen zu diesen Technologien, und welche Bedingungen braucht es für ihren sinnvollen Einsatz? Ein Forschungsprojekt unter der Leitung von Tenzin Wangmo (Universität Basel) gab Senior:innen, Familienangehörigen und Pflegefachpersonen erstmals eine direkte Stimme. Mittels einer Literaturrecherche, Interviews sowie einer repräsentativen Umfrage hat das Forschungsteam Potenziale, Hindernisse und ethische Dimensionen solcher Technologien erfasst.

Die wichtigsten Erkenntnisse

Das Bewusstsein über vorhandene Smart-Home-Health-Technologien ist bei älteren Menschen oft gering, wie die Studie zeigt. Die Akzeptanz von solchen Anwendungen wächst, wenn die Vorteile im Alltag klar erkennbar sind. Anwendungen von Smart-Home-Health-Technologien werden als besonders positiv bewertet, wenn sie die Sicherheit und Selbstständigkeit fördern. Dies ist zum Beispiel bei Notrufsystemen oder Anwendungen mit Erinnerungsfunktionen der Fall. Bei Technologien, die in die Privatsphäre eingreifen oder soziale Interaktionen ersetzen – etwa Überwachungskameras, Bewegungs- und Schlafsensoren sowie Pflegeroboter oder virtuelle Assistenten –, ist hingegen Skepsis spürbar. Entscheidend ist, dass ältere Menschen keine homogene Gruppe sind: Einstellungen und Bedürfnisse variieren stark, weshalb standardisierte Lösungen kaum greifen.

Bedeutung für Politik und Praxis

Die Ergebnisse des Forschungsprojekts machen deutlich: Smart-Home-Health-Technologien können die persönliche Pflege nicht ersetzen, sondern sollten diese sinnvoll ergänzen. Sie können zwar Pflegefachpersonen entlasten und die Selbstständigkeit älterer Menschen stärken – jedoch nur, wenn sie nutzerfreundlich, individuell anpassbar und von technischem Support begleitet sind. Damit dies gelingt, braucht es klare ethische Leitlinien, Datenschutzgarantien und eine frühzeitige Einbindung der Betroffenen in die Entwicklung. Gleichzeitig ist vorausschauende Forschung erforderlich, damit die rasante technische Entwicklung die soziale und ethische Diskussion nicht überholt. Politik, Pflegefachpersonen und Industrie sind gefordert, gemeinsam tragfähige Rahmenbedingungen zu schaffen und Innovationen verantwortungsvoll in den Alltag zu übersetzen.

Drei Hauptbotschaften

  1. Smart-Home-Health-Technologien sind in bestimmten Pflegebereichen (z. B. Ortung einer älteren Person) nützlich, um die menschliche Pflege zu ergänzen. Sie sind jedoch noch nicht bereit, vollständig allein in der Betreuung älterer Menschen eingesetzt zu werden. Technischer Support und Wissen sind notwendig, damit ältere Menschen diese Technologien effizient und effektiv nutzen können. Es muss sichergestellt werden, dass Personen frei entscheiden können, ob sie eine Technologie nutzen – nur so fühlen sie sich wohl damit. Wenn ältere Menschen Vertrauen in Smart-Home-Health-Technologien haben und in ihren Alltag integrieren, kann dies ihnen ermöglichen, länger in ihrer vertrauten Umgebung zu leben und zugleich Familie und Gesellschaft bei der Pflege zu entlasten.

  2. Es ist noch nicht genug über die zukünftigen Fähigkeiten von Robotik-Technologien bekannt. Mit dem Aufkommen von KI und dem Bestreben von Unternehmen, den Einsatz von Robotern im häuslichen Umfeld zu maximieren, werden solche Technologien voraussichtlich in Richtung «Deep Technology» entwickelt. Das bedeutet, dass sie einen hohen technologischen Anspruch haben, eine lange Entwicklungszeit durchlaufen und häufig einen grossen Einfluss auf den Alltag der Menschen haben. Mit der Weiterentwicklung der Technologien und dem Einsatz in unterschiedlichen Kontexten werden sich auch die ethischen und sozialen Bedenken hinsichtlich einem Einsatz von Robotern verändern. Die Forschung muss vorausschauend sein, um zeitgerechte Empfehlungen für Entscheidungsträger:innen und Endnutzende zu geben, in Bezug auf die Auswahl der Technologien, was für einen nutenbringenden Einsatz beachtet werden muss und welche Probleme sich ergeben könnten.

  3. Der demografische Wandel in der Schweiz macht Smart-Home-Health-Technologien relevant, doch vor einer breiten Einführung sind weitere Überlegungen nötig. Daten zeigen: Besonders die ältesten Personen fühlen sich oft überfordert, sehen keinen Nutzen und bevorzugen die vertraute menschliche Pflege. Während sie Technologie nicht grundsätzlich ablehnen, möchten sie sie dennoch nicht selbst nutzen. Akzeptanz variiert stark zwischen Generationen – etwa zwischen über 85-Jährigen und 70- bis 79-Jährigen – sowie auf individueller Ebene. Manche wünschen mehr Unterstützung und Präventionsmassnahmen, andere lehnen Eingriffe in den natürlichen Alterungsprozess ab. Darum müssen sowohl individuelle als auch generationenbedingte Präferenzen bei der Bewertung und Einführung von solchen Technologien berücksichtigt werden.

Wie die Forschenden methodisch genau vorgegangen sind und weitere Hintergründe zum Forschungsprojekt finden Sie auf der NFP 77-Projektwebseite:

Weitere Forschungsprojekte zum Thema «Digitale Transformation» im Rahmen des Nationalen Forschungsprogrammes NFP 77 finden Sie hier: