Computergestütztes Denken messen: Neue Instrumente für die Schule
Computational Thinking gilt als Schlüsselkompetenz für die digitale Gesellschaft. Ein Forschungsteam hat nun altersgerechte Aufgaben und Instrumente entwickelt, um diese Kompetenz im Schulalltag gezielt zu messen.
Beim computergestützten Denken (Computational Thinking, CT) geht es um die Fähigkeit, eine computerergänzende Problemlösungsmethodik zu entwickeln. Schüler:innen sollen lernen, Probleme in Einzelteile zu zerlegen, Lösungsstrategien zu entwerfen und so darzustellen, dass sie von Menschen oder Computern ausgeführt werden können.
Expert:innen sind sich einig: CT ist eine Schlüsselkompetenz für die digitale Gesellschaft. Deshalb wurde sie in nationale und kantonale Bildungsstrategien aufgenommen. Doch wie lässt sich feststellen, ob die entsprechenden Fördermassnahmen tatsächlich greifen? Bislang fehlten geeignete Instrumente, um die Entwicklung von CT-Kompetenzen bei Schulkindern in der Schweiz systematisch zu messen.
Das Team von Prof. Francesco Mondada hat deshalb im Rahmen des NPF 77 neue Instrumente und Protokolle entwickelt, die sowohl für Lehrpersonen leicht einsetzbar sind als auch eine halbautomatisierte Beurteilung auf breiter Basis in der obligatorischen Schule ermöglichen.
Die wichtigsten Erkenntnisse
Das Projekt zeigt: Schon sehr junge Kinder – unabhängig vom Geschlecht – können komplexe algorithmische Aufgaben lösen. Mit gezielt gestalteten Aufgaben lassen sich Kompetenzen in CT über alle Stufen der obligatorischen Schulzeit hinweg zuverlässig erfassen. Die entwickelten Instrumente ermöglichen eine skalierbare, automatisierte und altersübergreifend einsetzbare Bewertung von CT-Kompetenzen, ohne auf komplexe Technologien wie KI oder tutorielle Systeme angewiesen zu sein.
«Besonders überraschend war die Beobachtung, dass einige sehr junge Kinder im Vorschulalter in der Lage waren, ausgesprochen komplexe Algorithmen zu entwickeln.» Francesco Mondada, Projektleiter und Professor für künstliche Intelligenz und Robotik an der EPFL.
Bedeutung für Politik und Praxis
Für die Praxis: Alle entwickelten Aufgaben, Instrumente und Protokolle stehen online kostenlos und mehrsprachig (Deutsch, Französisch, Italienisch, Englisch) zur Verfügung. Lehrpersonen können sie sowohl zur formativen Beurteilung als auch als Lernressourcen im Unterricht einsetzen – vom Kindergarten bis zur Sekundarstufe. Die Aufgaben sind altersübergreifend einsetzbar und benötigen keine komplexen technischen Systeme. Damit steht Schulen ein praxistaugliches, wissenschaftlich fundiertes Werkzeug zur Verfügung, um Kompetenzen in CT gezielt zu fördern und zu erfassen.
Für die Bildungspolitik: Die entwickelten Instrumente ermöglichen eine grossflächige, standardisierte Erhebung von Kompetenzen im Bereich CT. Damit lassen sich etwa kantonale oder nationale Fördermassnahmen empirisch überprüfen – und Bildungspolitik evidenzbasiert weiterentwickeln.
Zur Open-Source Software (The virtual Cross Array Task (CAT) application)
Drei Hauptbotschaften
- Bereits sehr junge Schülerinnen und Schüler beider Geschlechter sind in der Lage, komplexe Algorithmen zu entwickeln und zeigen generell Kompetenzen im computergestützten Denken.
- Gut gestaltete Aufgaben im Bereich «Computational Thinking» ermöglichen es, die Entwicklung von CT-Kompetenzen über die gesamte obligatorische Schulzeit hinweg – und darüber hinaus – zu erfassen und zu begleiten.
- Eine flächendeckende Erhebung von Kompetenzen im computergestützten Denken erfordert keine komplexen Aufgaben oder Verfahren. Insbesondere sind weder künstliche Intelligenz noch tutorielle Systeme notwendig, um eine verlässliche, skalierbare und automatisierbare Bewertung durchzuführen.
Wie die Forschenden methodisch genau vorgegangen sind und weitere Hintergründe zum Forschungsprojekt finden Sie auf der NFP 77-Projektwebseite:
Weitere Forschungsprojekte zum Thema «Digitale Transformation» im Rahmen des Nationalen Forschungsprogrammes NFP 77 finden Sie hier: