Dem mobilen Medienkonsum auf der Spur

Wer konsumiert welche Medien? Ein Projekt widmet sich dieser Fragestellung mit einer neuen Methodik.

«Diese Seite benutzt Cookies.» Das lesen wir beim Aufrufen von Websites immer wieder, denn fast jede Internetseite will etwas von uns wissen: Welche Links klicken wir an und auf welchen Seiten verbringen wir wie viel Zeit? An diesem sogenannten Tracking – also der Verfolgung und Analyse von Aktivitäten der User im Netz – hat die Wirtschaft grosses Interesse. Doch die Daten können auch für die wissenschaftliche Forschung wertvoll sein.

Genau um diese Verwendung von Tracking geht es bei dem NFP 77-Projekt, welches das Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung (IKMZ)  der Universität Zürich gemeinsam mit Forschenden von der ETH Lausanne, der National Taiwan University und dem Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft «fög» der Universität Zürich durchführt. Regelmässig untersucht das fög die
Qualität der Schweizer MedienlandschaftExternal Link Icon und fragt, welche Medien die Bevölkerung konsumiert. Doch der digitale Wandel macht die Beantwortung dieser Frage zu einer neuen Herausforderung: Junge Menschen besitzen heute kaum noch ein klassisches Zeitungsabonnement, sie informieren sich vorwiegend über das Smartphone bei einer Vielzahl von Onlinequellen. Diese Art der Nutzung lässt sich am besten mit Tracking erfassen, so der Gedanke hinter dem neuen Ansatz.

Um junge Erwachsene über die gesamte Breite der Online-Medienlandschaft zu tracken, nutzte die Forschungsgruppe eine App. «Angebote für derartige Apps von Marktforschungsunternehmen erwiesen sich jedoch als teuer und die Qualität der erhobenen Daten liess sich nicht immer nachvollziehen», berichtet Daniel Vogler, Forschungsleiter am fög. Darum entwickelte die Forschungsgruppe einen eigenen Prozess. Dazu mussten die Teilnehmenden der Untersuchung eine App auf ihren Smartphones installierten: So wurde der gesamte Datenverkehr über einen VPN-Server umgeleitet, der die Nutzung aufzeichnete. Ein heikles Unterfangen: «Wir mussten das Tracking möglichst schlank halten, also wenig Daten aufzeichnen, um die hohen forschungsethischen Standards zu erfüllen und das Vertrauen in die Methodik zu erhöhen. Wir hoffen, dass wir so auch Menschen in die Studie einbeziehen konnten, die Tracking gegenüber skeptisch sind», sagt Vogler.

Schliesslich haben rund fünfhundert junge Menschen ihre Nutzungsdaten für die wissenschaftliche Aufarbeitung zur Verfügung gestellt. Und Vogler stellt fest: «Der Online-Medienkonsum unter den Jungen ist sehr differenziert.» Manche konsumieren sehr viele Medien, andere wenig. Auch in punkto Qualität ist die Spannbreite gross: Zwar rangiert das Pendlermedium «20 Minuten» weit oben, aber an erster Stelle steht auch bei den Jungen ein qualitativ hochwertiges Medium: die News-Website von SRF.

Auch wenn die Auswertung der Daten gerade erst begonnen hat: Mit der Entwicklung der eigenen Tracking-App kann das Team schon jetzt einen ersten Erfolg verbuchen. «Wir konnten auf diese Weise erhebliche Kosten einsparen», freut sich Daniel Vogler. «Ausserdem hat man so viel mehr Freiheit in der Projektumsetzung, als wenn man den Auftrag an ein externes Unternehmen vergibt.» Demgegenüber steht ein deutlich höherer Aufwand und die Voraussetzung, fähige Kräfte für die App-Entwicklung im Team zu haben. Das Tracking mittels eigener App ist eine spannende Perspektive für die Forschung – sofern dann am Ende auch die Kosten-Nutzen-Analyse aufgeht.

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