Digitale Transformation im Unterricht: Wo stehen die Gymnasien und Fachmittelschulen?

Die nationale Studie zeigt: Digitale Technologien sind zwar weit verbreitet, werden im Unterricht aber oft nur oberflächlich genutzt. Lehrpersonen nennen die Gründe und was sie für einen wirksamen Einsatz brauchen.

Das Team unter der Leitung von Dominik Petko (Universität Zürich) untersuchte den Stand der digitalen Transformation in Schweizer Gymnasien und Fachmittelschulen – einschliesslich der Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI). Die letzten Daten hierzu stammen aus dem Jahr 2007. Mit Befragungen von Schulleitungen, Lehrpersonen sowie Schülerinnen und Schülern wurden diese Daten nun aktualisiert und geben einen umfassenden Überblick über den Stand der Digitalisierung auf der Sekundarstufe II.

Die wichtigsten Erkenntnisse

In den meisten Schweizer Gymnasien und Fachmittelschulen werden digitale Technologien intensiv eingesetzt – jedoch vor allem für einfache Anwendungen wie Präsentationen oder das Verteilen von Unterrichtsmaterial. Lernformen, bei denen Schülerinnen und Schüler mit digitaler Unterstützung aktiv Wissen aufbauen, bleiben selten.

Als Hindernisse nennen die Lehrpersonen einen Mangel an Vorbereitungszeit und an geeigneten digitalen Lerninhalten.

Inhaltlich greifen Lehrpersonen Themen wie Cybermobbing oder Internetgefahren auf. Hingegen kommen komplexe gesellschaftliche, wirtschaftliche oder politische Fragen der digitalen Transformation selten zur Sprache.

Bei der Frage ob die digitalen Transformation an ihrer Schule eine strategische Priorität sei, lobten die Lehrpersonen das Engagement der Schulleitungen. Verbesserungsbedarf sehen sie bei der Zielklarheit der digitalen Transformation und bei der Zusammenarbeit mit anderen Lehrpersonen.

Generative KI ist noch kaum im Unterricht angekommen. Zwar kennen und nutzen die meisten Jugendlichen KI-Tools, meist aber ausserhalb der Schule. Im Unterricht selbst spielt KI bisher nur eine kleine Rolle.

Bedeutung für Politik und Praxis

Die Studie zeigt: Entscheidend ist nicht wie häufig, sondern wie digitale Technologien eingesetzt werden. Passive Nutzung bringt wenig, gefragt sind interaktive und konstruktive Lernformen. Dafür brauchen Lehrpersonen Zeit, geeignete Materialien und pädagogische Konzepte, die auf die Eigenheiten der einzelnen Fächer zugeschnitten sind.

Für Schulleitungen bedeutet das, klare Strategien zu entwickeln und die Zusammenarbeit im Kollegium zu fördern. Für Politik und Verwaltung geht es darum, stabile digitale Infrastrukturen bereitzustellen und den Schulen die nötigen Ressourcen für den digitalen Wandel zu sichern.

Auch beim Umgang mit Künstlicher Intelligenz ist ein reflektierter Ansatz zentral: Jugendliche sollen lernen, Chancen und Grenzen von KI kritisch zu bewerten.

Drei Hauptbotschaften

  1. Digitale Technologien im Schulzimmer: Fokus Qualität statt Quantität. Digitale Technologien sollten dort eingesetzt werden, wo sie die Qualität des Unterrichts und des Lernens verbessern. Laut Schülerbefragungen erreicht derzeit nur eine Minderheit der Lehrpersonen dieses Ziel. Beim Einsatz digitaler Technologien im Unterricht überwiegen nach wie vor passive technologiegestützte Lernaktivitäten. Aktuelle Meta-Analysen anderer Forschungsgruppen haben gezeigt, dass der Einsatz digitaler Technologien das Lernergebnis kaum verbessert, wenn damit die Lernaktivitäten nicht intensiviert werden. Daher sollten digitale Technologien für aktive, konstruktive, interaktive Lernaktivitäten genutzt werden.

  2. Strategische Prioritäten und klare Ziele für die digitale Transformation auf Stufe ganzer Schulen. Viele Lehrpersonen berichten, dass die Ziele für die digitale Transformation in ihrer Schule nicht klar sind. Schulen sollten daher die digitale Transformation mit den angestrebten Lernzielen in Bezug setzen und diese klar kommunizieren. Die digitale Transformation gelingt nur, wenn an Schulen eine umfassende Kultur des Wandels etabliert wird.

  3. Breiterer Fokus bei der Vermittlung digitaler Kompetenzen. Während die meisten Lehrpersonen die Qualität von digitalen Informationen im Unterricht besprechen und das Thema problematischer Online-Inhalte und -Verhaltensweisen behandeln, gehen nur wenige auf gesellschaftliche Aspekte, ethische Fragen oder die Sicherheit ein. Die Wirkung von KI sollte in der Schule ebenfalls diskutiert werden. Kritisch-reflexive Ansätze im Unterricht führen zu besseren Lernkompetenzen als rein funktionale Ansätze oder Verbote. Die Schule sollte exemplarische Lernerfahrungen mit KI und eine Reflexion darüber anstreben.

Wie die Forschenden methodisch genau vorgegangen sind und weitere Hintergründe zum Forschungsprojekt finden Sie auf der NFP 77-Projektwebseite:

Weitere Forschungsprojekte zum Thema «Digitale Transformation» im Rahmen des Nationalen Forschungsprogrammes NFP 77 finden Sie hier: